
Herr Reithmeir, warum wird das Thema Liquidität in vielen Handwerksbetrieben unterschätzt?
Herbert Reithmeir: Weil viele Handwerker hervorragende Fachleute sind – aber schlechte Kaufleute. Sie sind stark auf der Baustelle, im Kundenkontakt, aber alles, was mit Zahlen, Buchhaltung oder Verträgen zu tun hat, wird oft als lästig empfunden. Da fehlt schlicht die Zeit oder auch das Wissen. Manche steuern ihr Unternehmen nach dem Motto „Management by Kontoauszug“ – wenn Geld auf dem Konto ist, ist alles gut. Das funktioniert aber nur so lange, bis die Rechnung für das verbaute Material fällig wird – und dann ist das Konto plötzlich leer.
Was sind die häufigsten Fehler, die Betriebe in diesem Bereich machen?
Jörg Sons: Ein ganz wesentlicher Punkt ist die zunehmende Komplexität, mit der Handwerksunternehmen heute in mehreren Bereichen konfrontiert sind – etwa durch steigende Anforderungen an Bauvorhaben, den anhaltenden Fachkräftemangel und die Herausforderungen bei der Unternehmensnachfolge. Du bist Geschäftsführer, Projektleiter, Ausbilder, Buchhalter – und das kann auf Dauer zu einer unternehmerischen Schieflage führen. Es geht darum, sich gezielt Unterstützung zu holen oder durch gezielte Anwendungen von Maßnahmen dem entgegenzuwirken: z. B. durch einen Anwalt, der hilft, Baustellen rechtlich sauber abzusichern, oder der durch eine Potenzialanalyse, die aufzeigt, wo die eigenen Schwächen liegen – und wie man sie ausgleicht.
Gibt es im Seminar so etwas wie typische Aha-Erlebnisse?
Herbert Reithmeir: Ja, definitiv. Viele merken erst im Seminar, wie viel Gestaltungsspielraum sie eigentlich hätten – vor Vertragsabschluss, nicht erst im Streitfall. Viele hoffen auf das Gericht als Rettung, aber das ist zu spät. Es geht darum, sich frühzeitig um Dinge wie Vertragsgestaltung, Absicherung oder auch Fördermöglichkeiten zu kümmern. Und ganz ehrlich: Man darf auch Spaß daran entwickeln, sich mit den eigenen Zahlen zu beschäftigen. Wenn die Mitarbeiter zufrieden sind, die Kunden treu bleiben und am Ende eine zweistellige Rendite steht – dann wird auch betriebswirtschaftliches Denken zur Leidenschaft.
Herr Jung, was ist aus rechtlicher Sicht besonders wichtig?
Hans Christian Jung: Eigentlich ist vieles vom Gesetzgeber vorgesehen – z. B. Abschlagszahlungen oder Eigentumsvorbehalt. Aber viele nutzen diese Möglichkeiten nicht, weil sie keine Lust auf Papierkram haben. Das ist verständlich, aber fatal. Wer hier besser aufgestellt ist, schützt nicht nur seinen Umsatz, sondern auch seine Zukunftsfähigkeit.
Viele Aufträge starten ohne klare vertragliche Regelung – das ist ein großes Risiko. Es geht nicht nur um Paragrafen, sondern darum, im Fall der Fälle handlungsfähig zu sein. Gute Verträge sorgen für Klarheit – bei Zahlungen, Fristen und Leistungsumfang. Das schützt alle Beteiligten und spart im Ernstfall viel Zeit und Nerven.
Und wie geht es weiter?
Jörg Sons: Die Nachfrage nach dieser Seminarreihe ist sehr groß – wir planen bereits die nächste Runde. Das Thema Liquidität bleibt aktuell. Und unser Ziel ist es, das Elektrohandwerk nicht nur technisch, sondern auch unternehmerisch stark zu machen, damit es sich für die Zukunft erfolgreich positionieren kann.
Darum geht's in der Reihe
Die Seminarreihe „Management im Handwerk“ wird von der Alexander Bürkle Akademie organisiert und findet alle acht Wochen statt. Die Teilnahme ist modular möglich – Betriebe können sich also gezielt für einzelne Themen anmelden, je nach aktuellem Bedarf.
Die Reihe vermittelt praxisnahes Wissen zu zentralen Herausforderungen handwerklicher Betriebsführung. Die Themen reichen von der richtigen Kalkulation des Stundenverrechnungssatzes, über rechtliche Absicherung und Risikomanagement, Mitarbeitergewinnung und Digitalisierung, bis hin zu Forderungsmanagement, Liquiditätssicherung und strategisch geplanter Unternehmensnachfolge.